Meine Gedanken an den 11. September
Wenn Jemand aus meiner Familie auf Reisen ist sind die Nächte kurz. Ich liege im Bett und denke darüber nach woran das liegen könnte. Manchmal vermute ich, dass das mit meinem 11. September zu tun hat.
Beim Thema 11. September werden immer alle ganz still und dann wissen sie noch ganz genau wo sie waren, damals. Ich weiß das auch, ich war in einem Flugzeug über dem Atlantik. Noch wenige Stunden vorher war ich in San Francisco gestartet und der Pilot zeigte uns die zwei Türme aus der Luft und dann das.
Ich komme wieder von meiner ersten großen Reise. Ganz allein hatte ich einige Zeit in den Staaten verbracht. Diese Reise hatte mich darin bestärkt in meinem späteren Wunsch nach einem Vernetzungsberuf. Wir landen in Paris. Ich werde mit einem Schild in Paris erwartet, jeder Passagier wird das.
Es lag Angst in der Luft – große Angst
Keiner darf allein den inneren Bereich des Flughafens verlassen und wir werden direkt zum Flieger nach Berlin gebracht. Ich bin so müde, dass ich einfach von einem extra Service ausgehe, erst der Sitznachbar im Flieger nach Berlin macht mich darauf aufmerksam, dass sämtlich Monitore im Abflugbereich ausgeschaltet waren und keinerlei Nachrichten liefen. Und dann ist da diese Ansage vom Piloten „Heute ist ein sehr trauriger Tag“, sagt er in sein Mikrofon, bevor wir starten.
Angekommen in Berlin werde ich von meinem damaligen Freund erwartet. Er steht mit einer Rose am Flughafen (sehr ungewöhnlich). Bereits damals schalten viele Menschen ihr Handy an. Er bringt mich erstmal nach Hause zu meinen Eltern. Unterwegs erzähle ich ihm von meinem Flug und mir fällt gar nicht auf, dass sein Radio ausgeschaltet bleibt. Er wird unterwegs immer wieder von Menschen auf seinem Handy angerufen, was er beflissentlich ignoriert.
Zu Hause wartet meine Mutter auf mich, sie fällt mir weinend in die Arme
Ich bin irritiert. Warum denn? Und dann sehe ich sie, ich sehe die Bilder und ich höre die Nachrichten. Alles scheint still zu stehen, während mich meine Familie in die Arme schließt. Es ist ein sehr ergreifender Moment und ich bin so im Jetlag, dass ich erst Tage später erfassen kann warum mein Handy vor SMS und Anrufen nicht mehr still steht.
Schlaft gut all meine Liebsten, jeden Abend. Ich bin damals gesund zurückgekehrt und ich habe die Angst und die Liebe in den Augen meiner Mama gesehen. Lange hielten wir uns in den Armen an diesem Tag.
Die Angst und Liebe habe ich auch in mir. Wenn der Mann, oder die Kinder reisen dann liege ich wach. Ich spüre diese Angst in mir und diese Liebe. Heute Nacht ist es wieder soweit. Ich denke an meinen 11. September von damals und an all die Dinge die sich seitdem verändert haben.
Alu
3 Comments
Landfamilie
13. September 2015 at 22:13Ich war nach dem Abi in New York. Am 9. September bin ich zurückgeflogen. Entsprechender Schock. Nach 14 Jahren ist das ganze allerdings schon wieder ziemlich weit weg. Danke, dass du das so schön aufgeschrieben hast.
Yvonne van Brakel
10. September 2018 at 21:16Mein Mann hat sich ein Tattoo stechen lassen und ich hab im Auto gesessen und nutzte die Zeit für mein Buch…
Als ich ihn abholte, fragt er mich nur: Hast Du DAS gehört?!? “Häh?” meinte ich nur und wir setzten uns ins Auto und es lief nichts anderes mehr und da hörte ich es dann auch. Wir fuhren zu Saturn und da lagen wir uns mit Wildfremden heulend in den Armen…
Ja, ein sehr denkwürdiger Tag.
Schön, dass Du heile zu Hause ankamst und erst einmal nichts von dem Zeugs mitbekommen hast.
Sunni
11. September 2019 at 18:27Hallo, heute Morgen konnte ich nichts essen. Ich war wie starr bei dem Gedanken an 9/11. Und ich weiß haargenau, wo ich war, denn ich kam von einer Theaterführung mit meiner 11. Klasse, wir standen auf dem Bahnsteig, als einer der Jungen auf mich zurannte, weiß im Gesicht vor Schreck und meinte: “Schaun Sie mal, was da passiert ist…” und ich sagte noch: “Damit macht man keine Scherze,mach das aus!”…Bis der 2. kam..mit den gleichen Bildern und alle Schüler und ich standen wie erstarrt. Mein Gedanke war: Du musst sie alle heil nachhause bringen und deine Kinder sind hoffentlich gut zuhause angekommen. Und dann sagte einer: “Und wenn es jetzt Krieg gibt….”. Nie ist ein Klassenausflug so still zu Ende gegangen. Am Bahnhof zuhause umarmten wir uns alle, viele Eltern waren da, die jungen Leute abzuholen und fuhren auch mich, die ich noch kein Auto hatte, schnell zu meinen Kindern, die es zum GLück noch nicht mitbekommen hatten. Ich will nie wieder solch einen Tag erleben müssen! Wie gut, dass du nichts mitbekommen hast, Wie furchtbar wäre sonst die Angst zu fliegen gewesen. Herzlich, Sunni