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Elternleben Kindergartenkind

Wann wart ihr denn das letzte Mal im überhitzten Technoclub mit den Kindern, auch Spielecafé genannt?

Das Leben in einem überhitzten Technoclub

Ein Nachmittag am Wochenende. Ich sitze in einem Spielecafé. Um mich
herum 20 andere Elternpaare. Einige Eltern sitzen immer nur Sekunden, dann
erhebt sich einer und geht nach dem Kind bzw. den Kindern schauen. Ich habe
mich eigentlich, nach dem Ergattern eines Sitzplatzes, probiert nicht mehr zu
bewegen. 

Diesen Sitzplatz zu bekommen war bereits total schwierig,
Ellenbogeneinsatz und Fußtritte waren dafür nötig. Nun sitze ich also endlich. Es
ist heiß in diesem Café, ich habe uns vorher für einen Dschungeleinsatz
gekleidet. Ein Eckplatz, ich hab den Laden im Blick und kann in meiner Ecke vor
mich hin schmoren. K1 schicke ich zur Bestellung zum Tresen. Den Sitzplatz aufzugeben
wäre fatal, ich sehe doch die Blicke der Eckensteher bereits die nur darauf
warten sich hinzusetzen. 

Der Lärmpegel eines Kindercafé entspricht dem des Berghains gegen 4 Uhr
morgens. 

Das Kind hat mir Caro Kaffee statt Koffein bestellt. Ich nehme das in
Kauf, nur die 5 Stücke bestellter Kuchen für K1, K2 und mich wirken vielleicht etwas
überdimensional. Aber gut, dann muss das fehlende Koffein halt durch Zucker
ersetzt werden. Die Kinder verschwinden im hinteren Spielbereich.


Immer wieder
tönen Schreie aus dem Kletterbereich zu mir nach vorne.
 

Ab und zu  wanken weinende und kreidebleiche Kinder aus
dem Spieleparadies zu ihren Eltern. Wie kleine Zombies schlurfen sie
zu den Tischen. „Waffel, Waffel, Wasser mehr Wasser“, kreischen sie. Was auch
immer im hinteren Teil des Ladens passiert, ich möchte nicht daran teilhaben
und drücke mich mehr in die Ecke. Die “Hinsetz-Aufsteh-Eltern” wirken
verstört wenn sie von hinten wiederkommen. Ich versuche mich unsichtbar zu
machen. Wünsche mir, dass nur dieses eine Mal die Kinder keinen großen Mist bauen
und ich dahinein muss. Eine Mutter setzt sich Heringsdosenartig neben mich. Sie
möchte sich unterhalten. In den Lärmpegel eines Technoclubs hinein fragt sie
mich mit wieviel Kindern ich hier bin und schielt auf meine Kuchenpalette. Ich
versuche ruhig und ohne schreien zu antworten. „Sind zu dritt hier” doch
meine Worthülsen verhallen im Auge des Sturms. Zwischendurch wanken die Kinder
zu mir. Sie brauchen Zucker, oder Wasser bevor sie wieder in die Hölle zurück
rennen. „Angriff” schreiend rennen sie nach hinten.


Ich suche meine
Kopfhörer im Jutebeutel.
 

Manchmal setze ich mir diese auch in der U-Bahn am
Morgen auf, wenn Promis mir die Haltestellen ins Ohr brüllen wollen! Ich kann
sie nicht finden (einfach schlechte Vorbereitung) und wickle mir den Schal
um den Kopf und quetsche die Wollmütze darüber. Wenn die Kinder mich aufsuchen
nicke ich und mache einladende Handbewegungen, nonverbale Kommunikation von
meiner Seite! Die „Aufsteh-Hinsetz-Eltern“ tragen ein rotbackiges, weinendes
Kind nach draußen.

Es sieht nach einem Kampf aus und ich habe bereits jetzt
Angst was passieren wird, wenn ich zum Abmarsch aufrufe.
 

Leider schmelzen
aufgrund der Hitze und Lautstärke meine Gehirnzellen langsam, ich kann jedoch
noch den Entschluss fassen die “Noch 5 Minuten Taktik” anzuwenden. In
aller Eile esse ich ein zweites Stück Kuchen und murmele “Tschakka”.

Das Kindercafé, Ort des Hörschadens
Die Mutter
neben mir hat sich Taschentücher in die Ohren gestopft, Anfängerin! Ich rüste
mich vor dem Verlassen meines Sitzplatzes. In Ruhe lege ich  meinen Mantel aus und
verteile Krümel um Niemanden auf meinen Sitzplatz zu locken und diesen als
MEINEN zu kennzeichnen. 

Dann gehe ich mit meiner Turban Konstruktion nach
hinten

Dort tobt der Laden. Große und kleine Kinder liegen übereinander,
brüllen sich in die Ohren und werfen Bälle im Kreis. Babys sitzen vor Freude
jauchzend in der Mitte. Ich suche die Kinder und treffe sie inmitten einer
riesigen Schlacht im Bälle Bad. “Noch 5 Minuten” zeige ich und ziehe
mich schnell zurück. Nur keine Gesprächsmöglichkeiten in diesem Ambiente
anbieten! Mein Platz ist bereits okkupiert, achtlos liegt mein Mantel auf dem
Boden. Fremde, verstörte Eltern essen meine Kuchenpalette auf. 
Ich möchte nach
Hause! Mit Fußtritten kämpfe ich meine Jacke frei und bezahle am Tresen den
Caro Kaffee, zwei Kakao, den ganzen Kuchen sowie den Eintritt. Es kostet ein kleines
Vermögen. Ich zerre die Kinder aus dem Bällebadkrieg und zwänge sie in Jacken
und Schuhe. Von der Hitze läuft mir eine Schweißperle über die Wange. Unter
lautem Protest und Schimpfwörtern ziehe ich sie aus dem Dschungelklima mit Fußballstation-Atmosphäre
nach draußen und atme auf. 

Vor der Tür des Cafés hängt ein Zettel, dass die
Betreiber einen Nachmieter suchen. Kein Wunder, sicher haben sie nach 7 Jahren
bleibende Hörschäden und sehnen sich nach einem stillen Ort
. Vielleicht  streben sie aber auch eine DJ Karriere im
Berghain an, gerüstet wären sie! Das K2 mit Entenfüssen nach Hause trottet, merke ich erst vor der Haustür. Ich bin fix und alle von diesem Kurzausflug und
freue mich auf die Bürostille morgen. Da die Kinder mich immer noch anbrüllen
nach diesem Nachmittag, behalte ich meinen Schallschutz noch lange auf an
diesem Abend. 

Hoffentlich findet sich bald ein neuer Betreiber, denke ich. Einer
der Schallkopfhörer verteilt an die Eltern.

Vielleicht sollten auch einfach
alle werdenden Eltern den Kurs „Überleben im Elterncafé“ besuchen.
 

Ich würde
mich nach acht Jahren hartem Training als Dozent anbieten, ein Besuch im
Berghain und angezogen in eine Therme gehen, würden auf jeden Fall auf dem
Programm stehen. Hat Jemand Interesse?

 Alu

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2 Comments

  • Bettina Apelt
    3. März 2015 at 11:06

    Die suchen dort aber schon lange, oder? Ich kenn das Café ja nur vom Eis holen. Frag mich aber wieso in so vielen Familiencafés, damit meine ich nicht dieses, der Service so schlecht ist. Meinst Du, dass es am Lärmpegel liegt?

  • nullpunktzwo
    3. März 2015 at 18:50

    Bwahaha!
    Fast noch schlimmer als die Indoorspielplatzhölle 😉
    (Von der bringen wir uns allerdings immer noch irgendwelche netten Viren mit -.-)

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