Nur ich kann nicht. Ich komme aus einer Familie in der so ziemlich alle Männer schlecht schreiben. Die Freude über mein Abitur, meinen Studienabschluss und meine Promotion war groß (besonders bei meiner Mutter). Als Lehrerin ist sie eine Orthographieinstanz und sie zog mich trotzdem groß. Ich hatte nie ein gutes Sprachgefühl im schriftlichen. Jede drei in Rechtschreibung war hart erkämpft. Selten schrieb ich ein Diktat mit besseren Noten als fünf oder sechs.
Keine dieser Regeln konnte ich mir merken. Meine Zeichensetzung bleibt katastrophal. Meine Lösung war die Flucht nach vorn. Das hieß: die Schwäche zugeben und mich rhetorisch herauszuheben. Ich halte bis heute gute, freie und humorvolle Vorträge. Was, manch einer kennt das aus eigener Konferenzerfahrung, nicht selbstverständlich ist. Jeden wichtigen Text lese ich mehrfach (selbst) mehrere Male Korrektur. Teilweise gebe ich diese Aufgabe sogar weiter. Als ich die Doktorarbeit begann war auch meine mittelmäßige Rechtschreibung ein Hemmschuh. Da begann ich mit dem Bloggen.
Damit sollte die Angst vor dem weißen Papier abbauen. Es hat geklappt. Heute bin ich Vielschreiber.
Doch der Makel ist geblieben. Mich stört es nicht. Einige Fehler sind auch der Flüchtigkeit und dem autokorrektiven Lesen zuzuschreiben. Ich habe immer noch mit der Rechtschreibreform zu tun.
Immer mal wieder erhalte ich nette (oder weniger freundliche) Hinweise auf meine defizitäre Orthographie.
Dann frage ich mich: Ist das wirklich der Gratmesser um Schreiben zu dürfen? Wer ist diese Rechtschreibpolizei?
Und warum denken Leute einen auf das Offensichtliche hinweisen zu müssen? Ist es Sorge um das Deutschtum oder die Leid(!)Kultur? Haben wir nicht größere Probleme als das? Ich, für meinen Teil, behalte mein Besserwissertum gerne für mich. Denn niemand kann alles! Ich kenne viele Menschen die sich sehr schwer tun mit dem Lesen und Schreiben. Ich habe einen Sohn dem das auch nicht zufliegt, wir kämpfen jeden Tag damit. Jeder der sich da trotzdem durchkämpft, hat meinen absoluten Respekt!
Ich danke allen Lesern die es tolerieren können, dass meine Rechtschreibung mies ist. Ich verspreche hiermit, ich breche dafür keinen Stab über euch, wenn ich vermeintlich etwas besser weiß. Denn das ist sicher nie der Fall. Denn ich weiß, dass ich nichts weiß.
Euer Konsti
Ihre Sicht:
„Liebe Alu, du nennst dich Bloggerin? Du solltest deine Texte alle dringend Korrektur lesen lassen.“
Hach, es gibt so schöne Leserinnenbriefe. Die wärmen mein Herz. Ich versuche mich meist anschließend im Dialog und erhalte bei Diskussionen wie dieser am Ende das Zugeständnis „Hauptsache es macht dir Spaß“ GANZ GENAU! „Ja, aber warum schreibst du es mir dann? Willst du mich verletzen?“ Ich bin eine Schreiberin deren Satz im Kopf schon fertig ist, bevor er auf Papier fließt. Ich bin eher eine Wortkünstlerin, als eine Grammatiktante. Ich bin jemand der viel liest und viel redet. Ich habe keine Angst mich vor 200 Leute zu stellen oder Ideen zu vertiefen, ich kann vieles aber ich kann nicht alles (und das muss ich auch nicht).
Ich bin ein Brunnen und ich bin eine Blume.
Meine Texte lese ich alle mehrfach und manchmal finde ich die Fehler dann doch erst nach der Veröffentlichung und ändere dann am Abend doch noch den Lesefluss. „Hauptsache es macht dir Spaß“ ist genau der Leitsatz der alle Menschen prägen sollte die einer Passion nachgehen. Ich freue mich über jeden der schreibt und ermutige unsere Kinder auch darin sich auszuprobieren mit ihrem Blog oder ihren Postkarten, denn das ist mir wichtiger als all die richtig gesetzten Kommata (Wortwitz: Komma da?). Schön, dass ihr da seid.
Alu
6 Comments
Julia
11. Februar 2019 at 12:40Ach Ihr! 🖤
Oft bin ich froh um Hinweise. Manchmal nerven sie mich. Und immer wieder weine ich um jeden Menschen, der das Schreiben aufgegeben hat, weil si*er von klein auf gelernt hat: Nur der stramme deutsche Satz, in den jeder Buchstabe und Gedanke Gewehr bei Fuß steht, ist einen Pfifferling wert.
Pfeifen wir auf Pfifferlinge, denn das ist grober Unfug und Mumpitz. Schönes Schreiben geht ganz vorzüglich ohne Orthographie 😉
Korrekturlesende Grüße
Julia
Nicole
11. Februar 2019 at 12:43Huhu meine Liebe, lass dich bloß nicht ärgern! Ich lese dich zu gern! Ich kämpfe auch jeden Tag mit den Buchstaben und sitze manchmal Minuten vor einem Wort, das irgendwie falsch aussieht. Und dann lass ich es so 😉
Alu und Konsti
11. Februar 2019 at 21:20Danke! Wir arbeiten dran. lg Konsti und Alu
Alu und Konsti
11. Februar 2019 at 21:20Danke Dir. lg Konsti und Alu
TAC
12. Februar 2019 at 07:13Manchmal schreibe ich etwas richtig.
Und manchmal steht da plötzlich was ganz anderes. Da hat die Automatik mal wieder verschlimmbessert 😉
Mein Gehirn überliest Tippfehler inzwischen meistens, also wenn ihr Fehler tippt, würde ich sie wohl nur sehen, wenn ich bewusst danach suche. Mache ich nicht. Ich lese einfach nur.
Es gibt aber manchmal Situationen, da ist die korrekte Schreibweise unerlässlich. Beispiel: Bei meinem Mann auf Arbeit wurde eine neue Sekretärin gesucht. Da waren Bewerbungsschreiben dabei, die wimmelten nur so von Fehlern, sprachlich, grammatisch und orthografisch.
LG von TAC
Daniela
15. März 2019 at 23:01Lieber Konsti, du kannst zwar nicht recht schreiben. Aber dafür sehr gute Fotos mit einem wunderbaren Blick fürs Detail und einer oft hinreißenden Schwarz-Weiß-Stimmung machen. Oder anders gesagt: Wo ein Defizit ist, da ist auch irgendwo besondere Stärke. Man muss sie nur suchen (wollen…. auch als Blogleser). LG