In vielerlei Hinsicht sind Kinder integer, d.h. unbescholten oder makellos. Naja, zumindest Makel arm, würde ich bei unseren Kindern sagen. Sie sind ehrlich und ein wichtiges Korrektiv für die anderen Mitglieder unserer Familie.
Zudem bemerken Alu und ich immer öfter, dass die erste Phase mit ihnen im gemeinsamen Familienheim ein Ende haben wird. Da ist unsere große Tochter, sie steckt im ersten (von zwei) Abiturjahren und denkt laut darüber nach, auszuziehen oder woanders zu studieren bzw. Ausbildung machen . Dann ist unser Sohn, 13, ein voller Teenager. Für ihn wird in vier Jahren der Schulabschluss anstehen und es wird sich vieles in seinem und unserem Leben ändern. Zudem kommt unsere Jüngste, die Siebenjährige, ist langsam aus den Kindchen Schemata der Kindergartenzeit hinaus.
Hier werden ebenfalls die steigende Eigenverantwortung und Selbstständigkeit sichtbar. Dazwischen sind wir Eltern, die älter werden und trotzdem noch so viel vor sich haben. Zwar hat uns beiden und uns fünfen die Krebserkrankung von Alu viel abverlangt, aber auch viel mitgegeben.
Wir sind also eine Familie, die sich aufeinander verlassen kann. Dafür werden bspw. bei bestimmten Themen immer öfter auch die Meinung und Einschätzung der Kinder wichtig. Die Kinder sind gewachsen, in dem, was sie nun allein tun können und wie sie sich einbringen, mitdiskutieren und ihre Meinung vertreten. Zwar bleiben wir die Eltern, doch immer wieder ist ihre unverbrauchte Sicht eine Bereicherung oder sogar ein Game-Changer. In diesen Momenten bemerken wir dann, dass die drei eine sehr frische Sicht auf die Dinge haben. Eine, die uns als Alltags Erwachsenen zuweilen verloren gegangen ist.
Das beginnt mit vermeintlich einfachen Dingen wie, dass K3 nicht kuscheln will, denn morgens stellt sie fest: „Ich kann nicht kuscheln, du hast Mund Atem.”
Vollkommen verständlich, somit bekomme ich manchmal nach dem Zähneputzen einen Drücker, den ich mir verdient habe. Zudem erleben wir öfter Jugendliche, die ihre Aufgaben in der Familie kennen und erledigen. Dies geschieht sogar immer häufiger von selbst und ohne große Diskussionen. Dazu kommen vertrauliche und neugierige Gespräche über Freundschaft, Beziehung, Politik sowie Gott und die Welt. Da passt es gut, dass unser K1 bei der Europawahl erstmals ihre Stimme abgeben kann und mitbestimmt. Außerdem erlebe ich teilweise Technik Kompetenz, die uns allen nützt, D.h. Ich habe Hoffnung, nicht zeitlebens der Administrator der ganzen Familie zu sein. Was mir, zugegebenermaßen, auch immer schwerer fällt.
Natürlich gibt es noch Reibereien und Sorgen, aber es gibt auch ehrliche Auseinandersetzungen und früher oder später finden wir gemeinsam tragbare Lösungen. Ergebnisse, mit denen wir Eltern ebenso leben können wie die Kinder. Denn das funktioniert trotz Hektik, Unruhe und erhöhtem elterlichen Stress-Pegel ganz gut: der ehrliche Austausch. Daran arbeiten wir immer weiter. Und nicht immer stellt sich schneller Erfolg ein. Jedoch blitzt es genau dort durch, die Fähigkeit der uns Anvertrauten, sie zu sein, mit ihrem unverstellten Blick auf die Welt und andere vorbehaltlos zu urteilen und uns damit bisweilen zu verblüffen und umzupolen. Kurzum: Wir bemühen uns, Ihre Integrität und somit auch ihre Würde wahren zu können.
Ich schaue auf unsere Kinder und merke, im Großen und Ganzen ist es gut geworden und wird es hoffentlich weiterhin.
Dafür bin ich, sind wir sehr dankbar. Das wünsche ich mir für uns und natürlich für euch ebenso, trotz aller Krisen. Schließlich sind es unsere Kinder und so wie wir freundliche, unterschiedliche Menschen sind, sind sie es auch.
Euer Konsti
Ein festgehaltener Moment IX – Wann bist du so groß geworden?
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