Ich liege im Bett, meine Füße haben sich schon an das Kuschelbett gewöhne. Seit zwei Wochen gehen die Kinder nun wieder regelmäßig in die Kita und die Schule und das ich an einem Wochenabend um 20.30 Uhr im Bett liege, das beschreibt meinen Zustand derzeit ganz wunderbar. Ich bin wahnsinnig müde, müde vom Alltag und das direkt nach den Sommerferien. Plötzlich sind da all diese Termine wieder. Therapie hier und dort, Kinderhobbys und nachzuholende Arzttermine.
Mit meinem eingekuschelten Körper schaue ich raus in den Herbstabend. Draußen regnet es, irgendwie passend. Mein Buch gefällt mir nicht und meinen heißen Tee lasse ich dann doch stehen, weil ich es irgendwie dann doch unverschämt finde Ende August einen heißen Tee zu trinken.
Die Kinder sind ebenfalls in ihren Betten, ab und zu klingen Hörspielfetzen in unser Schlafzimmer.
Ich habe den Kindern Nudeln zum Abendbrot gemacht (zum dritten Mal diese Woche). Die Essensreste habe ich noch in den Kühlschrank gestellt, aber der Abwasch bleibt stehen und meine müden Beine haben sich gerade noch so die Treppe heraufgeschleppt.
Das kleine Kita Kind ist schon wieder erkältet. Wenn jetzt noch ein Husten dazukommt, dann müssen wir den morgigen Tag wohl umplanen und überlegen wer wie und wann daheimbleiben kann.
Das mittlere Kind hat sich nach einem Schnupfen wieder erholt. Ungeimpft und von der Politik vergessen, haben wir es mit diesem Schnupfen natürlich nicht in die Schule geschickt und brav alle Termine um eine Betreuung herum gebaut.
Das älteste Kind hält sich tapfer. Inzwischen doppelt geimpft versucht es mit uns einen Nestschutz für die Kleineren zu gewährleisten, testet sich weiterhin in der Schule und hält sich an die AHA Regeln. Wir sind stolz auf unsere Große.
Ich ruckele mein Kissen zurecht. Es ist niemand da der das gerade für mich übernehmen kann. Der Liebste beginnt wieder mit seinen Abendprogrammen auf der Arbeit und freut sich einerseits wie ein Kullerkeks über physische Präsenzen und andererseits macht er sich immer Sorgen was er alles mit nach Hause bringen könnte.
Ich muss also allein mein Kissen zurechtrücken, um mich für die letzte Runde Social-Media-Berieselung ordentlich hinzusetzen.
Ein bisschen so wie alle Familien (in sämtlichen Konstellationen)das gerade machen müssen. Wir sind allein. Wir rütteln unsere Kissen, Decken, Betreuungsalltage und Arbeitssituationen zurecht, machen interne Pläne für mögliche Quarantänefälle und frühere Kitaschließzeiten.
Wir liegen zusammengekauert auf unseren Böden, in unseren Betten oder unseren Sofas herum und versuchen nur noch an den Wahlprogrammen vorbeizuscrollen. Ab und zu testen wir einen der vielen Wahlomaten, um dann doch wieder nur zu sehen, dass Familien in diesem Wahlkampf eine sehr geringe Rolle spielen und Kinder eigentlich gar keine. Alles wie immer.
Ich schüttele meine Bettdecke auf und lausche in den Abend.
Nebenan erklingt die Melodie von Bibi und Tina, gemischt mit Gregs Tagebuch. Die Kinder rufen nochmal nach „Mama“, ich gehe und decke ihre kleinen Beinchen zu. Sie sind schon wieder gewachsen.
Es ist 21 Uhr und ich lösche das Licht. Im Dunkeln tippe ich dem Mann noch eine der vielen Paarnachrichten im Messenger, die wenig liebevoll klingen aber den Alltag von Eltern in 20 Monaten Pandemie sehr gut beschreiben. „K3 ist erkältet. Müssen überlegen, wie und wer morgen von uns zur Arbeit kann. Gute Nacht.“ Danach falle ich in einen Schlaf, der vielleicht nichts besser macht, aber dafür sorgen kann, dass wir als ein Teil dieser Gesellschaft den morgigen Tag gut überstehen können.
Alu
6 Comments
Anne
28. August 2021 at 11:17Hallo Alu,
mir geht dein “natürlich” beim Kind mit Schnupfen zu Hause zu lassen nicht aus dem Kopf.
Und würde dem gern ein “natürlich” ist auch die elterliche Gesundheit wichtig entgegenhalten, derer eine Dauerüberforderung nicht zuträglich ist. Genauso wenig wie der Kindergesundheit eine Dauerabschottung von der Welt nicht zuträglich ist.
Was dann für Entscheidungen raus kommen, mag jede_r selbst entscheiden. Aber es müssen Alternativen möglich sein, wenn Eltern das politische Familien im Stich lassen nicht durch ein sich selbst im Stich lassen fortführen wollen.
Schön, dass es dich gibt! Und danke für’s Aufschreiben deiner Gedanken.
LG Anne
RonjaMAma
30. August 2021 at 15:41Ich danke dir sehr für diesen Text.Spricht er mir doch insgesamt aus tiefster Seele.
Ich finde dein “Natürlich” genau richtig. VIel zu oft erlebe ich das genaue Gegenteil und sah schon vor Corona kleine “I*uprofen-Geputschte” Kinder in der Schule.
Es ist eine harte und besonders für Eltern besch*ssene Zeit.
Die Wahlen werden daran nichts ändern,egal wer letztlich gewinnt und sein Wahlversprechen dann bricht.
“Kinder zählen nicht “…So traurig und hirnrissig es auch ist
Und ja ich gehe wählen,natürlich 😉
Josi
3. September 2021 at 10:09Danke, dass ihr so viel Verantwortung übernehmt und euren Alltag umwerft. Wir hatten ab dem dritten Schultag zwei Wochen Quarantäne, da eine Mama leider keine Verantwortung übernommen hat und ihr Kind krank zur Schule geschickt hat. Siehe da, es war coronapositiv und knapp 40 Kinder haben die ersten zwei Wochen Schule nicht erleben dürfen. Da wir jahrgangsübergreifend arbeiten, waren auch Erstklässler dabei, die dadurch ihre Einschulung verpasst haben. Traurig und unverantwortlich.
Danke, dass ihr und wir es anders machen, auch wenn es natürlich stressig ist und oft die Kraft dafür fehlen mag. Elternsein bedeutet gerade wieder mehr denn je ein Leben am Limit.. Dieses ständige Abwägen zwischen “ist das ok” und “endlich Normalität” verstopft mir den Kopf. Und alles mit dem Wissen, dass die Kinder einfach vergessen werden und Eltern durch 60 Kindkranktage “entlastet” werden (dass 10 Arbeitstage bei Quarantäne dann nur 2/3 Gehalt kommen, kann sich eben auch nicht jedeR leisten)
Ganz viel Kraft und gute Besserung! Josi
Alu und Konsti
3. September 2021 at 21:08Danke für dein Kommentar.
Alu und Konsti
3. September 2021 at 21:09Hallo Anne, das natürlich bezog sich vor allem darauf, dass es eben erwartet wird : ) danke für deine Gedanken. Lg Alu
Lotte
8. September 2021 at 00:56Liebe Alu,
Danke für Deine Gedanken.
Es ist eine sehr lange & anstrengende Zeit für uns Eltern und vor allem das Gefühl, mit allem allein dazustehen, überwiegt.
Da verstehe ich Dich sehr gut.
Und auch den Kindern wird viel abverlangt. Ich hoffe, Ihre Kleinen Köpfe und Seelen machen das mit.
Mit einem Kind und 2 Vollzeitjobs in der Familie ist unsere Situation sicher anders schwer als mit der Verantwortung für 3 Kinder, aber insgesamt bleibt, dass es verrückt ist uns mit allem allein dastehen zu lassen…zum “Wohle” aller… und ungeachtet dessen, dass es uns logischerweise überfordert, immer alles unter einen Hut bekommen zu müssen…passt auf Euch auf! Liebe Grüße Lotte