Was ich fühle, wenn ich tief in mich hineinschaue #Wochenberliner

Wenn ich tief in mich hineinschaue

Wenn ich tief in mich hineinschaue, dann sehe ich ein ICH. Eine alte, weiße Frau, die in den letzten Jahren an Kraft und Strahlen verloren hat. Eine DU, die nicht mehr sie selbst ist, oder ein anderes, ein neues Selbst – wer weiß?

Ich sehe eine Frau, die sich sucht und manchmal findet, „wie ein Chamäleon“, sagt der Liebste. „Wie eine Zwiebel“, denke ich. Ich sehe eine Frau, deren Haare mal blond und lang waren, die so gern ihre Haare unter den Wollmützen trug. Ich sehe eine Ich, deren Haare nun braun sind und lockig und die immer noch ihre Wollmützen trägt.

Ein strenger Mensch, die träumt von langen Mähnen und einem Gesicht, dass mehr Weiblichkeit und Kindlichkeit ausstrahlen müsste. Wahrscheinlich, weil man ihr den Verlust der Unbeschwertheit so oft ansehen kann. Jemand der seinen Eltern seit Neustem jedes Mal am Telefon „Ich habe euch lieb“ sagt und den eigenen Kindern jeden Abend noch „Gute Nacht, ich liebe dich“ sagen möchte.

Ich sehe eine Mutter, die ihre Falten liebt, aber ihre tiefen Augenlider hasst. Manchmal sehe ich aus wie ein Maulwurf. Und dann fühle ich es auch ganz tief drinnen, dieses Gefühl nicht ganz wach zu sein, als ob man in einem Traum lebt und sich fragt, wann jemand das Licht anmacht.

Aber der neue Tag ist längst da, der Wecker hat geklingelt und das, was war und ist und bleibt ist dann die neue Selbst:

Die neue Alu mit Falten und Sorgen und Liebe und Plänen! All dem, was sie vorher zwar wusste, aber nun viel klarer sagt, damit sie sich selbst erkennen und annehmen kann.

Wenn ich tief in mich hineinschaue, dann sehe ich mich irgendwo da drinnen, mein neues ICH und DU, aber anders und wütender und voller Zuneigung für ihr Liebsten und ihr Leben als noch vor ein paar Jahren.

 

Als Paar im Urlaub – vor und nach dem Krebs –

Heute vor zwei Jahren waren der Liebste und ich im Paar-Urlaub. Es war wahnsinnig kalt an der Ostsee und ich gönnte mir eine Massage in diesem kleinen Wellnesshotel am Meer. Ich weiß noch, dass der Masseur mit irgendwas von Bert Hellinger und Familienaufstellung erzählte und mir dann berichtete, dass alle Krankheiten ihren Ursprung in nicht aufgearbeiteten Familienkonflikten haben. Nur drei Monate später erhielt ich meine Diagnose #Brustkrebs. Und obwohl ich es nicht wollte und obwohl ich wusste, dass weder Omas Umgang mit ihrem Mann oder mein Verhältnis zu meinem Vater irgendwas mit meiner Erkrankung zu tun hatten, nagte dieser Mist an mir. Diese Frage nach Schuld, diese Suche nach einem Grund, einem Warum. Das ließ mich nicht los. Weil dieses Geschwurbel eben doch was mit Menschen macht, weil es verunsichert, weil es doch so einfach wäre, nicht wahr? Aber, das Leben ist niemals einfach und auch wenn sich Oma/ Mutti und Schwester alle „fügen würden“ in ein „natürliches“ Patriachats -Konstrukt innerhalb einer Familie. Es würde trotzdem Diabetes, ADHS oder Krebs geben. Weil Krebs scheiße ist und weil es nun mal #einevonacht heißt und nicht #einenachberthellingergeschwurbel.

Zwei Jahre nach diesem Mist bin ich wieder im Paar-Urlaub. Nicht am Meer, nicht mit Massage, aber mit Pool und einer inneren #KrebstisteinArschloch Einstellung, die wahrscheinlich Bert Hellinger selbst in die Waagerechte zwingen würde und allein dieser Gedanke bringt mich zum Lächeln und genau das schenk ich heute mal, ein Grinsen, damit wir gemeinsam über diese Geschichte schmunzeln können.

Aus Eine und Ein sind Eines geworden

Eine dunkle Wolke, ein Regentropfen landet, ein kleiner Parkplatz am Rande des Spreewalds, eine Dorfkirche , ein weiterer Regentropfen, ein schnelles Überwerfen, ein Versuch einen Schirm zu öffnen ein paar schnelle Schritte, eine nasse Locke fällt ins Gesicht, ein richtiger Wolkenbruch, ein „plitsch-platsch“ Geräusch, eine vollgesaugte nasse Socke, ein Türrütteln, ein kalter Raum im Kerzenlicht, ein quietschender Sneaker an meinem Fuß, ein helles Lachen durchtrennt die Stille, eine Kerze zündet sich an einer anderen Kerze an, ein warmes Gefühl, ein Tropfen fällt auf den kalten Boden, ein Foto von diesem Moment, ein Lächeln zwischen dir und mir.

Aus Eine und Ein sind Eines geworden.

Alu