“Nö”, sagt das kleine Kind und weigert sich in der Früh unter die Dusche zu gehen. “Nö”, sagt sie zu dem Angebot in einer größeren Schüssel zu baden. “Nö”, sagt das Kind zum Haare fönen. “Nö”, sagt das Kind zur Strumpfhose. “Nö, Nö, Nö”…
und ich stehe da und habe an diesem Morgen schon alle Emotionen durchlebt, die man so als Mutter durchleben kann. Erst habe ich probiert sie zu überreden, danach zu bestechen. Ich habe gesäuselt, wurde laut, habe geschwitzt und mir die Haare gerauft. Am Ende ist das Kind gewaschen und angezogen und schickt mich mit den Worten “Is mir wurscht” zum Schrank eine Haarbürste heraussuchen.
An diesem Morgen denke ich nach. Ich finde unser Kind ist so klar und so kompetent, ich sollte mir viel häufiger eine Scheibe von ihr abschneiden. Wie sicher und auch deutlich sie ihr Missfallen und ihre Entscheidungen mitteilen kann. Sie wägt kurz ab und äußert dann einfach klar ihre Meinung. Nicht immer zum Gefallen aller Anwesenden, aber das ist ihr egal oder auch “wurscht”.
Ich würde so gern zu so vielen Dingen “Nö” sagen und das mit dieser Selbstverständlichkeit, die meinem Kind innewohnt. “Nö” zu Krebs. “Nö” zu Schmerzen. “Nö” zu Papierkram der Krankenkasse. “Nö” zum Antragswesen. “Nö” zu steigenden Energiekosten. “Nö” zur Inflation. “Nö” zu Lehrergesprächen. “Nö” zu kneifenden Jeanshosen. “Nö” zu Kapern. “Nö” zu Stornogebühren. “Nö” zu Atomenergie. “Nö” zum Stress in meinem Leben.
“Nö. Nö. Nö”.
Der Tag verschwindet nach diesem aufregenden Morgen im Gedankentunnel. Nächste Woche steht mein erster Nachsorge-Ultraschall nach Chemotherapie, Operation und Bestrahlung an. Ich bin sehr aufgewühlt deswegen und wünsche mir eigentlich nur eines: “Nö” sagen zu dürfen, zu einer weiteren Krebserkrankung.
Alu
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