Ich habe heute mit meinem Vater telefoniert. Er ist mit meiner Mutter in ihrem Haus auf dem Land. Davor waren Sie auf einer Familienfeier, ein 70zigster wurde nachgeholt. Dort waren das erste Mal nach Corona fünf seiner sechs Geschwister anwesend. Schließlich mussten Sie sogar einem Onkel aus dem Bad befreien. Kurzum: Auch über 70jährige können noch etwas erleben. Eigentlich wollte ich ihn etwas bitte, doch er kam mir zuvor. „Mutter sortiert Fotos“ sagte er. „Da scanne ich einige von. Gerade habe ich eines auf dem die alte Pergola zu sehen ist (Die wurde nämlich vor kurzem abgerissen und neugebaut, weil völlig marode).“ Nun wisse er nicht, wie er es speichern soll. Das Fotoverwaltungsprogramm XY-Picture Star, welches nach dem Scannen geöffnet wird, legt die Dateien in einem ihm unbekannten Ordner ab.
Also schlug ich vor Videotelefonie zu machen via Smartphone. Damit holte ich mir das nächste Problem an Land. Erst einmal meinen Vater dazu bringen, die Stummschaltung aufzuheben und die Kamera zu wechseln, ich wollte ja seinen Bildschirm sehen. Endlich hatten wir dies geschafft. Nun eröffnete sich mir ein sehr wackliges Bild und mehrfach stieg der Teilnehmer auf der anderen Seite aus. Jedoch kamen wir der Sache Stück für Stück näher. Nur es ist immer gar nicht so leicht, die für mich einfachen Dinge zu vermitteln. Irgendwie fanden wir dann die gleiche Sprache. So nebenbei konnten wir sein Scanprogramm einstellen und die Datei auffinden, um diese dann zu kopieren und woanders einzufügen. Dies ging nicht in dem ursprünglichen Dateimanager.
Während wir so voreinander hinplätscherten, gingen mir gleich mehrere Dinge durch den Kopf.
Erstens auch unsere Eltern werden alt (ach was). Weiterhin erinnerte ich mich, dass ursprünglich mein Vater der Treiber der technischen Ausstattung in unserem Zuhause war. Er kaufte den ersten PC, er beherrschte die Technik, richtete Netzwerke ein oder schnitt Videos. Zwar tat er dies immer in aller Ruhe, doch all das machte er. Mittlerweile ist sein Innovationsfaktor wohl wesentlich geringer. Ob oder wenn ja, warum es ihm schwerer fällt, weiß ich nicht genau (denn altbekanntes sollte doch sitzen). Ich denke, ich werde es auch nicht fragen.
Doch ich kann Parallelen ziehen zu unserem Familienleben. Ich bin der Netzwerkadministrator, der Technik-Einrichter, der PDF-Ersteller. Ich muss wissen, wo die Fotos vom Urlaub vor 5 Jahren sind usw. usf. Natürlich haben die anderen Erwachsenen hier ebenso etliche Aufgaben, doch dies sind meine. Bei mir merke ich aber auch, dass ich gerne auf die alt erlernten Techniken zurückgreife. Obwohl ich mir viel mit Video-Tutorials und der Hilfe des WWW aneignen könnte, scheue ich mich davor. Jedes Mal, wenn eine meiner Standart-Apps ihre Funktionen grundlegend ändert, ärgere ich mich. Denn es kostet mich viel wertvolle Zeit dies wieder hinzubekommen. Ich möchte nicht so viel Zeit in der Rushhour meines Lebens für solche Dinge vergeuden. Daraus resultiert schließlich auch, dass man etliche Sachen nicht mehr beherrscht. Doch das nehme ich in Kauf (wohl ein Teil der Erklärung zu meinem Vater, s. oben).
Computerkatze
Hinsichtlich meiner Eltern stehe ich nun auch Ihnen gegenüber in der Pflicht. Sie zu unterstützen und bei der Problemlösung auch vermeintlicher Alltäglichkeiten behilflich zu sein. Mir schwant, dass ich später froh sein werde, wenn mir meine Kinder helfen. Am Ende habe auch ich wieder einiges dazu gelernt, u.a. was es für schwachsinnige Tools gibt, die bei Scannern mitgeliefert werden (wurden). Außerdem weiß ich nun, wo die alten Fotos sind. Darüber hinaus hatte ich Zeit (na gut das Essen hat etwas angesetzt) und ich habe gleich mit diesem Text begonnen. Auch so brauchen wir einander und wenn man älter wird kopiert man auch einmal zusammen per Videoschalte 20 Minuten lang ein Foto von 1982.
Euer Konsti
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