Wenn man sich fühlt, als ob man mit seinen Kindern in einer WG wohnt.
Ihre Sicht: An manchen Abenden, wenn ich wieder die Spülmaschine ein- und ausgeräumt habe (obwohl das nicht meine Aufgabe ist), dann weiß ich warum meine Eltern irgendwann mal gesagt haben
“Die Pubertät liegt immer vor dem Auszug”.
Früher habe ich diesen Satz nicht verstanden, inzwischen weiß ich genau was sie gemeint haben. Die Pubertät und der Abnabelungsprozess des Kindes bereiten einen manchmal intensiv auf die Zeitphase des Kindauszugs vor. Denn: Man kann über zukünftige Gedanken einer Abnabelung sogar manchmal Freude empfinden. Eine kleine Freude über ein irgendwann (in ferner Zukunft!) endendes WG – Wohnverhältnis. Gemeinsam mit der Tochter habe ich das Pubertäts Buch von Inke Hummel gelesen. Immer wieder gingen wir ins Gespräch über Begleitung, Offenheit aber auch Authentizität. Derzeit überwiegt bei uns Beiden wohl die Authentizität. Die Stimmung ist nicht immer gut, manchmal fast verfahren. An anderen Tagen ist unsere Beziehung nah und dabei immer auf Augenhöhe. Das ist wunderschön und fühlt sich richtig an. Es sind seltsame Zeiten mit diesem Kind, was seit so vielen Monaten viel besser in Austauschprozessen mit Freunden und Freundinnen aufgehoben wäre, aber stattdessen auf uns zurückgeworfen wurde. Sicherlich wachsen wir daran, alle zusammen, aber manchmal fühlt man sich doch schon ein wenig wie in einer WG mit einer Mitbewohnerin die sämtliche Haushaltsaufgaben wegschiebt, die jüngeren Mitbewohnerinnen eher nervig findet und am sonstigen WG Leben auch kein weiteres Interesse zeigt. Völlig Corona konform eben. Aber nicht immer leicht fürs Elternherz.
Alu
Seine Sicht: Leben mit einer Untermieterin die nicht bezahlt, so kommt mir manchmal das Leben mit K1 vor. Während wir alle wirbeln und uns über eine große Schwester für die jüngeren Kinder freuen würden, lebt sie ihr Leben. Sicher, damit hat sie gut zu tun. Die Schule ist viel geregelter als im Frühjahr Lockdown, sie sitzt Stunde um Stunde in irgendwelchen Unterrichtsstunden. Somit ist das Kind sehr gefordert. Doch blicken lässt sie sich zu selten. So zumindest ist mein Gefühl. Es ist bestimmt richtig, dass ich von knapp 14 Jährigen nicht zu viel Erwachsenes erwarten darf. Sie ist ja noch ein Kind, aller Selbstbekundungen zum trotz. Das weiß ich und das sehe ich auch. Doch anstatt wie ein Kind auch einmal beim Familienleben vorbeizuschauen, tut sie manchmal so als ginge es sie nichts an. Wie eine fremde Untermieterin eben, die kurz grüßt und dann ins Zimmer verschwindet. Bei den Haushaltsarbeiten erfüllt die WG- Bewohnerin leidlich den ausgemachten Pflichtteil – natürlich dann wann es ihr passt. Die Kinder und Nöte der Familie gehen die Untermieterin nichts an und interessieren scheinbar auch nicht? Einer Einladung zum Essen wird selten gefolgt und jegliche Geselligkeit ist auf ein Minimum reduziert. Wenn sich das WG-Mitglied mal blicken lässt, dann nur für kurz. So dass jeder merkt es war reine Höflichkeit, vielleicht fast ein demonstratives Absitzen. Doch da wo wir helfen können, werden wir umgehend gefragt und stehen bereit, das ist unser Einsatz zum Zusammenleben. Im Moment haben die Jüngeren nicht immer eine engagierte Schwester, sie hat derzeit genug mit sich zu tun. Von außen betrachtet könnte ich es aushalten. So ist halt diese Pubertät. Doch mir als Vater darf es doch auch schwerfallen. Wenn tagelang nur ein Kind vom Typ
“grummlige Untermieterin”
die Treppe hinauf geht. Und schließlich gibt es Unterschiede: Unsere Tochter ist keine Fremde. Sie ist Teil der Familie. Sie ist unser großes Kind. Bleibt abzuwarten wie es sich entwickelt. Ich weiß, dass es spannend bleibt und am Ende, glaube ich, wird es gut werden. Doch bis dahin muss ich hier mal Luft ablassen. Vielleicht treffe ich ja gleich auf dem Flur kurz meine große Tochter und führe ein schönes Gespräch, das wäre doch mal richtig was fürs Elternherz.
Konsti
Schöne Texte zur Pubertät gibt es auch bei Frau Mutter und bei Stadtlandmama.
3 Comments
TAC
23. Februar 2021 at 15:03In euren Beschreibungen sehe ich zu 100% unsere 14jährige. Wohnt zwar hier, ist aber nicht oft präsent. Sie braucht dringend mehr realen Kontakt zu Gleichaltrigen, virtuellen hat sie genug, da bin ich sicher.
Scheint also alles normal und richtig so zu sein mit unseren Töchtern 😉
LG von TAC
Caroline Parker
25. Februar 2021 at 12:16Da finde ich mich auch wieder, meine Untermieterin kennt alle ihre Rechte, leider ist sie bei den Mieterpflichten nicht ganz so belesen…;-). Aber schön, dass das alles normal ist, ich hatte es fast vermutet…
Stefanie Büttler
25. März 2022 at 16:29Hallo,
ich bin noch weit davon entfernt, grummelige Untermieter zuhause wohnen zu haben, die kaum grüßen. Meine Kinder sind jetzt 5 Jahre, 3 Jahre und elf Monate alt und damit noch in dem Alter, wo 100-mal am Tag “Mama!!!” durchs Haus schallt und sie die meiste Zeit an mir drankleben. Wie sehne ich mich nach etwas Freiheit!!! Wie sehne ich mich danach, nicht alle zehn Sekunden durch ein plapperndes Kind, das Mamas Aufmerksamkeit will, in meinen Gedanken unterbrochen zu werden! Und gleichzeitig macht es mich traurig zu denken, dass meine geliebten Kinder in ca. zehn Jahren nichts mehr von mir wissen wollen oder es sich zumindest so anfühlen wird, als ob sie nichts mehr von mir wissen wollen. Ist es denn nie gut? Gibt es keine Phase, wo Nähe und Distanz angenehm ausgeglichen sind?