Ich stehe auf der Treppe meines Schulhauses und halte inne. Diesen Moment, die herumlaufenden Füße, den Geruch des Schulhauses diesen Moment will ich festhalten, will ich einsaugen.
Innen.
Tief.
Drinnen.
Für. Mich.
Ich mache das seit meiner Kindheit. Ich halte inne und ich denke mir in einigen Momenten „Dieses hier, genau das will ich jetzt festhalten, mir merken, einsaugen und festhalten für immer.“
Ich stehe auf der Drehplatte auf dem Kreuzberg und mein Vater hält meine Hand.
Ich tröste das Kind, weil es sich eben die linke Hand geklemmt hat.
Ich sitze am Alexanderplatz und sehe dem Mann zu der immer Flugblätter zum Kommunismus verteilt.
Ich sehe aus dem Fenster die Entenfamilie die versucht vom Krankenhaushof zu fliehen, während mein Großvater stirbt.
Ich sitze mit meiner Mutter im Starbucks und streichle ihre Hand.
Meine Füße stehen im Pazifik und ich starre auf einen schneebedeckten Berg.
Ich sehe der Tochter beim Atmen zu, die Geräte piepen im Takt.
Meine Füße rascheln durchs Laub im Park am Friedrichshainer Volkspark.
Ich tanze zu A.N.N.A von Freundeskreis bis nach Hause.
Ich stehe in meiner ersten Wohnung am Fenster und alles ist still.
All diese Momente in denen ich fühle: Ich bin Mensch, ich spüre mich und die Zeit vergeht.
Sie haben alle eines gemeinsam: Sie sind echt! Ohne Kamera, ohne Handy, ohne Notizbuch nehme ich Gerüche, Geräusche und Gefühle wahr. Es gibt keine Fotos oder Audioaufnahmen davon. Es gibt nur mich und mein kleines konstruktivistisches Hirn.
Diese Momente sind das echte Leben. Sie sind real. Sie bieten keine Fläche oder Reibung, sie sind schön und unvollkommen vollkommen.
Wie ein Foto in Zeitlupe kann ich sie abrufen. Ich habe sie in meinem Herzen eingefangen wie eine gute Umarmung. Wie ein Kuss, dessen Berührung man auf den eigenen Lippen noch lange nachspürt.
Eben ganz plötzlich, da stand ich wieder in solch einem Moment.
Ich sehe die die Jüngste an, wie sie schallend auf dem Wickeltisch lacht als ich versuche ihr eine Socke anzuziehen.
Ich schaue sie an, halte inne und sage mir:
Das hier ist einer dieser Momente die ich mir merken muss. Innen. Tief. Drinnen. Für. Mich.
Klick. Hand aufs Herz.
Alu
2 Comments
Die Freitagslieblinge am 22.Dezember 2017 - besser wissen
22. Dezember 2017 at 08:42[…] Langsam wird es wieder. Ich werde gesund. Ich merke richtig wie meine Energie zurückkommt und das ist vor Weihnachten ja auch sehr, sehr passend. Ich kann wieder Momente geniessen und innehalten. Darüber habe ich auch einen Text geschrieben, nämlich „Hand aufs Herz“. […]
Laura
22. Dezember 2017 at 08:46Liebe Alu, du hast eine wunderbare Art, Gefühle in Worte zu fassen. Welch schöner Text. Liebe Grüße, Laura