Das Gefühl wie meine Mutter meine Wange streichelt – was bleibt von Kindheit?
Ich renne über die Wiesen hinter dem Haus und sammle die Mirabellen ein. Wenn ich nach oben blicke, kann ich am Fenster meine Mama sehen. Ich darf allein, nach der Kita, nach Hause gehen. Auf dem Weg sehe ich meine Mama aus dem Fenster winken. Ich fahre mit meiner Freundin im Bus durch Ostberlin zur Tanzstunde, ich bin fünf Jahre alt.
Ein freies Kind inmitten der Berliner Großstadt
Wenig Autos, immer die gleichen Nachbarn. Man kennt unsere Kinderbande im Prenzlauer Berg. Wir wissen vor welchem meckernden Nachbarn (Fusselbirne) wir uns hüten müssen und wer uns den abgeschnittenen Flieder am Straßenrand abkauft.
Meine Kindheit ist bunt und farbenfroh
An meinem Geburtstag sind scheinbar immer Ferien. Mein Vater nimmt sich meistens frei. Wir essen Torte. Vor meiner Einschulung sind die Tage voller als sonst, es ist 1988. Meine Mama bricht sich den Arm, Männer mit dunklen Mänteln und Hüten schauen genau an dem Tag vorbei, als auch die Grundschullehrerin zum Gespräch kommt. Die Atmosphäre ist seltsam. Meine Omas sind beide zur Einschulung nicht da. Eine ist gerade, die andere vor einiger Zeit nach Westberlin gegangen, die Familie war nicht informiert.
Meine Kindheit ist warm und weich
Da gab es dann Farbfilm. |
Meine Kindheit ist bunt und klingt nach Straßenbahnschienen
An einigen Tagen fahre ich mit der Straßenbahn zur Arbeit meiner Mutter. Meine Schwester zwingt mich am Fenster zu sitzen. Wir fahren zur Museumsinsel, das zu Hause unserer Mutter. Meine Schwester liebt den Thrill erst kurz vor dem Abklingeln mit mir aus der Bahn zu springen. Bis heute sitze ich lieber am Gang oder stehe! Auf der Arbeit meiner Mutter laufe ich dicht an Kunstwerken vorbei und schnuppere Museumsluft. Ich liebe diese Besuche und ich liebe es meine Mutter in Aktion zu sehen. Wenn ich meinen Vater besuche, bekomme ich einen Bau Helm auf. Gemeinsam fährt er mit mir in hohen Fahrstühlen nach oben und zeigt mir das neugebaute Berlin. Ich halte seine Hand, weil ich mich etwas fürchte. Später wird man sein Gesicht auf den Bildern Womackas sehen.
Das erste Mal Urlaub im Ausland. |
Ich erzähle den Kindern oft von meiner Berliner Kindheit
Ich möchte mich immer wieder daran erinnern und das ist vielleicht das größte Geschenk meiner Kindheit an mich selbst.
Alu
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6 Comments
Nieselpriem
27. Januar 2016 at 07:12Ach, wie wunderschön. Halt´s fest! <3
Sarah Depold
27. Januar 2016 at 07:17Wow, ich bin überwältigt von den Bildern, die du in meinem Kopf entstehen lässt. Was früher so schön war (Freiheit! Selbstständigkeit!) ist heute wohl undenkbar. Zu voll sind die Straßen der Hauptstadt und wohl nicht nur hier. Vielen Dank für die tollen Einblicken!
Dörthe
27. Januar 2016 at 07:33<3
Indre Z.
27. Januar 2016 at 07:48sehr schön.
Jana Friedrich
27. Januar 2016 at 08:07Das hört sich wunderschön an! Danke!
Mama 2.0
27. Januar 2016 at 09:40So wunderbar! Du hast es geschafft, dass man für einen Moment beim Lesen selber noch mal Kind war. Danke dafür, liebe Alu <3